Wenn man von Sizilien spricht, denken die meisten Menschen erst einmal an die legendäre Verfilmung von „Der Pate“ mit Marlon Brando, dann an die Geschichte aus eigenen, vagen Erinnerungen, um dann festzustellen, dass man inzwischen eher kaum etwas über die Insel weiß. Für viele existierte die Insel erst gar nicht als potenzielles Reiseziel.., was aus meiner Sicht auch nicht ganz verwunderlich ist. 

Die sizilianische Mafia, auch als „Cosa Nostra“ bekannt, hat mit seinen schrecklichen Taten und Umtrieben der Insel keinen Gefallen getan. Vielmehr hat es den zuvor, durchaus schon florierenden Tourismus, schlagartig durch Schießereien und Bombenanschläge zum Erliegen gebracht. Der Ruf Siziliens wurde damit lang und nachhaltig ruiniert.. Die Ursprünge der Mafia auf Sizilien reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Sie entstand ursprünglich als eine Art Schutzorganisation gegen Fremdherrschaft und Unterdrückung, hat sich dann aber im Laufe der Zeit zu einer kriminellen Vereinigung entwickelt. Jedoch sind die Auswüchse der achtziger und neunziger Jahre lange vorbei.

Immer beliebter werden heute verschiedenste Tourenangebote nach Corleone und in Corleone. Angeboten werden Besichtigungen seiner Wirkungsstätte, Touren auf den Spuren der Mafia und vieles mehr. Zu empfehlen ist hier für Interessierte eine Besichtigung der Ausstellungen mit zumeist noch originalen Einrichtungen und Ausstattungen aus der damaligen Zeit! Man bekommt sehr eindrucksvoll einen tieferen Einblick in diesen finsteren Geschichtsabschnitt Siziliens. Doch die sizilianische Geschichte ist weit mehr als diese Jahre des Wütens, welche der Vergangenheit angehören! Die erste Besiedelung, nachweislich durch Höhlenmalereien, wird auf 30.000 Jahre v.Ch. datiert. Außer Frage steht für mich, dass die eigene Bevölkerung inzwischen einen hohen Tribut für das mafiöse Wüten bezahlt hat. 

Die italienische Regierung hat in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Mafia zu bekämpfen. Es wurden auch spezielle Antimafia-Gesetze erlassen und es gibt seit vielen Jahren eine engagierte Polizei- und Justizarbeit. Seit 2004 leistet die Gruppe „Addiopizzo“ der Cosa Nostra auf Sizilien an breiter Front Widerstand gegen Schutzgeldzahlungen. Die sizilianische Regierung wie auch die Zivilgesellschaft arbeiten heute gemeinsam daran, die Auswirkungen der Mafia auf die Gesellschaft und Wirtschaft zu überwinden und die Region wieder weiter zu entwickeln.

Es scheint, als hätte man Sizilien, zumindest in Teilen, über viele Jahre zum Stillstand gebracht. Doch mit einer sizilianischen Selbstverständlichkeit und Gelassenheit nimmt man das Überangebot an Schlaglöchern oder der 50+30kmh-Verkehrsschilder in Kauf… Manchmal glaube ich, selbst eine 1 Meter tiefe Grube, mitten auf der Straße, würde bei den Wenigsten großes Entsetzen oder eine echte Verwunderung hervorrufen. Diese Gelassenheit ist vielleicht auch ein Resultat der langjährigen Krise. “Rom ist weit“, höre ich immer wieder und erlebe vielerorts eine wachsende Aufbruchstimmung, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ein neues Bestreben nach Fortschritt und Perspektive macht sich breit, insbesondere auch bei den jungen Menschen. Die tief verankerte Liebe für die Insel ist immer spürbar und äußert sich auch in einer sehr großen Gastfreundschaft Touristen gegenüber. Kurzum, wer die Liebe zur Insel teilt, fühlt sich willkommen! Vielleicht auch der langjährigen Krise geschuldet, bietet Sizilien heute eine Urtümlichkeit, voller unverbauter Sandstrände und Landschaften, die den natürlichen Reichtum der Insel auch in anderer Weise deutlich machen.

Die Mafia hat sich, in der Regel auch in seinen aktivsten Zeiten, nicht an den Touristen oder ausländischen Investoren vergriffen. Dem Tourismus zu schaden, lag nicht im Interesse der Mafia. So brauchen Touristen auch heute sie nicht zu fürchten. Der Kauf einer Immobilie ist, wie in Deutschland, durch einen notariellen Kaufvertrag und dem Grundbuch abgesichert. Vielmehr ist die Kaufprozedur in Italien heute eher noch mit schärferen Auflagen verbunden als in Deutschland. Wer also glaubt, er könne auf Sizilien sein Haus mit einem gefüllten Koffer Bargeld bezahlen, den muss ich enttäuschen, diese Zeiten sind längst vorbei!